Knapp acht Jahre nach dem Hainfelder Parteitag wurde der „Verband der sozialdemokratischen Gewerbetreibenden und Kaufleute“ in Wien gegründet. Es folgten mehrere regionale Vereinsgründungen, die sich 1906 im zum „Reichsverein der Gewerbetreibenden und Kaufleute“ zusammenschlossen. Dieser wurde auch offiziell von der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei anerkannt. Schließlich wurde 1919 beschlossen, dass alle Mitglieder des Verbandes auch Mitglied in der „politischen Organisation“ sein müssen und alle „ihren Platz in der Sozialdemokratie einnehmen und den Kampf mit der übrigen Arbeiterschaft gegen das Großkapital führen wollen“. Nach der Niederschlagung des Aufstandes der sozialdemokratischen Arbeiter:innenschaft gegen die sich etablierende austrofaschistische Diktatur wurde des Verband und seine Vereine zwangsaufgelöst.
Nach Kriegsende am 6. Oktober 1945 wurde der Verband als „Freier Wirtschaftsverband“ wiedergegründet und setzte sich fortan für die Verbesserungen des sozialen Schutzes der Selbstständigen und deren wirtschaftliche Absicherung in Zeiten mehrerer Krisen ein. Die Geschichte des SWV ist eng mit dem Wiederaufbau der österreichischen Wirtschaft nach dem Krieg verbunden. Unter der Führung von Präsident Ludwig Kostroun setzte sich der Verband für die Interessen der Klein- und Mittelbetriebe ein und trieb die Durchsetzung eines gesetzlichen Pensionsanspruchs, einer umfassenden Krankenversicherung und die beitragsfreie Mitversicherung der Familienangehörigen voran. Diese Verbesserungen wurden auf Initiative des Freien Wirtschaftsverbandes umgesetzt und stellen bis heute eine der größten Errungenschaften des SWV dar.
Wesentliches Kennzeichen des Verbands war und ist die enge Zusammenarbeit mit der SPÖ. Neben zahlreichen Kooperationen auf politischer Ebene unterstützte der SWV die Kandidatur des sozialdemokratischen Kandidaten Adolf Schärf zur Bundespräsidentenwahl 1963 sowie die des sozialdemokratischen Wiener Bürgermeisters Bruno Marek im Jahr 1969. Diese Zusammenarbeit trug maßgeblich zur Stärkung der Position des Verbands und seiner Ziele bei.
Die Ära Bruno Kreiskys in den 70er Jahren brachte einen Modernisierungsschub und eine enge Verbindung von Sozialdemokratie und Wirtschaft. Das Sozialrecht für Selbstständige und die Gewerbeordnung wurde reformiert. Die Einführung der Arbeiter-Abfertigungskassa und die Anerkennung der Dienstverhältnisse des im Betrieb mittätigen Ehepartners waren weitere bedeutende Erfolge, an denen der SWV mitwirkte und somit seine Programme „auch in den Konzepten der Sozialistischen Partei Österreichs“ ihren Ausdruck fanden.
In den folgenden Jahrzehnten, geprägt von Koalitionen und Wechseln der politischen Kräfte, setzte sich der SWV für die Entlastung der Selbstständigen, die Einführung von Investitionsbegünstigungen und die Unterstützung von Kleinstbetrieben und Ein-Personen-Unternehmen (EPU) in Zeiten der Krise ein, trotz Rückschlägen bei Wirtschaftskammerwahlen und politischen Interventionen.
Die Schaffung von Rahmenbedingungen für die duale Berufsausbildung, die Verbesserung der sozialen Absicherung der Selbstständigen und Steuergerechtigkeit waren in den 2000er Jahren zentrale Forderungen.Neuen Entwicklungen und Herausforderungen, wie der Umgang mit künstlicher Intelligenz, der Kampf gegen illegales Gewerbe und die Förderung der Digitalisierung in der Wirtschaft rückten diese Themen in den Fokus des SWV.
Das Motto des SWV lautet: „Ab jetzt nur noch so wie wir wollen, und das lauter!“ und spiegelt Willen des Verbands wider, die Interessen der Selbstständigen zu vertreten und für eine gerechtere Wirtschaft einzutreten.