1945 – 1955: Befreiung, Wiederaufbau und Staatsvertrag

Nach Gewaltherrschaft, Krieg und Vernichtung musste das Land wieder aufgebaut werden. Die katastrophalen Auswirkungen der nationalsozialistischen Herrschaft hinterließen auf allen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Ebenen ein Trümmerfeld. Wie schon 1918 stehen auch 1945 die Sozialdemokraten an der Wiege der Republik.

Inhalt

Große Koalitionen nach dem Krieg

1.Mai 1945 (Foto: VGA)

Während die Kämpfe im Großraum Wien noch andauerten und die Rote Armee Wien von der NS-Herrschaft befreite, wurde Mitte April 1945, drei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und der Befreiung ganz Österreichs, die Sozialistische Partei Österreichs (Sozialdemokraten und Revolutionäre Sozialisten) (SPÖ) gegründet.

Nach der Niederlage des „Dritten Reiches“ und der Befreiung Österreichs von der NS-Herrschaft lag das Land in Trümmern und die Politik hatte mit den verheerenden Schäden des Krieges zu kämpfen. Materiell und intellektuell stellte sich die problematische Frage nach einem Neuanfang und der Setzung einer „Stunde Null“. An den unvorstellbaren Verbrechen der Nationalsozialisten – insbesondere der Vernichtung des europäischen Judentums – waren schließlich auch Österreicherinnen und Österreicher beteiligt, wobei diese Tatsache lange Zeit gezielt verdrängt wurde. Man berief sich lieber auf die Moskauer Deklaration der Alliierten von 1943, nach der Österreich als erstes „Opfer“ des Nationalsozialismus galt. Einer eingehenden historischen Aufarbeitung stellte sich dieser Umstand über Jahrzehnte hin in den Weg.

Wahlplakat 1945 (Foto: VGA)

Bereits knapp vor der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschland am 8. Mai 1945 proklamierte die provisorische Staatsregierung unter Karl Renner am 27. April die Wiederherstellung einer unabhängigen Republik Österreich. Das Land wurde von Alliierten Truppen (USA, UdSSR, Frankreich, Großbritannien) besetzt und in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Dabei stand die Hauptstadt Wien unter gemeinsamer Verwaltung der vier Mächte. Der von ihnen gebildete „Alliierte Rat“ übte eine starke Kontrolle auf die Arbeit der neu gebildeten provisorischen Bundesregierung aus. Gesetze mussten ihm zur Genehmigung vorgelegt werden, bevor sie in Kraft treten konnten. De facto genügte damit das Veto einer Besatzungsmacht, um ein Gesetzesvorhaben zu Fall zu bringen.

SPÖ gründet sich neu

Parteitag 1945 (Foto: VGA)

Nach Kriegsende gründete sich die SPÖ – Sozialistische Partei Österreichs (Sozialdemokraten und Revolutionäre Sozialisten) – wobei die Beifügung bald wieder verschwand. Karl Renner wurde wie schon in der Ersten Republik Staatskanzler in einer provisorischen Regierung. Am 25. November 1945 fanden die ersten freien Wahlen in Österreich nach Kriegsende statt. Bei diesen erhielt die SPÖ rund 45 % der Stimmen, die ÖVP erreichte 50 %. Dabei nutzte die ÖVP im Wahlkampf vor allem die Strategie des „Anti-Kommunismus“, wobei die Kommunistische Partei bei den Wahlen nur 5 % der Stimmen auf sich vereinigen konnte und nur für sehr kurze Zeit in der Regierung vertreten war (etwa durch Ernst Fischer). Bundeskanzler wurde der ÖVP-Politiker Leopold Figl, der bis 1953 drei Regierungen anführen sollte. Bis 1966 wird die Republik in der Folge von einer großen Koalition regiert werden.

Konkordanz und Sozialpartnerschaft als Lehre aus 1934

Parteitag 1947 (Foto: VGA)

Die Stellung der SPÖ im Parteiensystem sollte sich im Vergleich zur Ersten Republik deutlich verbessern. Sie konnte sich nun aus einer permanenten Oppositionsrolle lösen und übernahm eine führende Position im Regierungssystem – vor allem auf Bundes-, aber auch auf Länderebene. Generell zeichnete sich in Österreich schon bald eine klare Veränderung des politischen Klimas ab. Gegenüber der auf Konflikt und Polarisierung basierenden Politik der Ersten Republik wurden nun stärker auf Konsens ausgerichtete Strategien gewählt. Dazu trug nicht nur die Große Koalition bei, in der die ursprünglich verfeindeten politischen Lager nun zusammenarbeiteten, sondern auch die „Sozialpartnerschaft“. Diese wurde durch fünf Lohn- und Preisabkommen vorbereitet bzw. etabliert. Die Leitlinie aus Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung und Währungsstabilität bestimmte die sozialpartnerschaftliche Politik, die mit diesem Programm über Jahrzehnte hinweg sehr erfolgreich war.

Die SPÖ präsentierte sich in der Großen Koalition als innerhalb der westlichen Wertegemeinschaft stehende, antisowjetische Partei im Kalten Krieg. In diesem Zusammenhang sind auch die Auseinandersetzungen um das vierte Lohn- und Preisabkommen im Oktober 1950 zu sehen. Gegen die darin festgesetzten Preiserhöhungen, denen, wie viele meinten, zu geringe Lohnsteigerungen gegenüberstanden, kam es zu teils massiven Protesten. Die dabei in Erscheinung tretende kommunistisch dominierte Streikbewegung wurde nicht nur von bürgerlicher Seite als „Putschversuch“ dargestellt. Auch die SPÖ stellte sich entschieden dagegen. Der Sozialist Franz Olah und die von ihm geführte Bauarbeitergewerkschaft hatten schließlich wesentlichen Anteil an der Auflösung dieses Streiks.

Der Staatsvertrag

Staatsvertrag 1955 (Foto: BKA/BPD)
Staatsvertrag 1955 (Foto: BKA/BPD)

Nach langem Ringen wurde am 15. Mai 1955 zwischen den Alliierten und Österreich im Wiener Belvedere der Staatsvertrag unterzeichnet, der das unabhängige und demokratische Österreich definitiv wiederherstellte. Als Staatssekretär im Außenministerium war auch der spätere Bundeskanzler Bruno Kreisky maßgeblich an den Staatsvertragsverhandlungen beteiligt. Am 26. Oktober 1955 wurde das Verfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität beschlossen, das in enger Verbindung damit zu sehen ist. Da die Neutralität jedoch eine freiwillige war, wurde sie nicht zu einem Teil des Staatsvertrages. Sie wurde darüber hinaus als eine bewaffnete Neutralität definiert, wodurch die Rolle des Bundesheeres, dessen Neugründung 1955 erfolgte, klar bestimmt wurde.

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