Der Kampf um das allgemeine Wahlrecht in Österreich
Nach der Revolution von 1848 kam es zur ersten parlamentarischen Versammlung in der Habsburgermonarchie, dem „Konstituierenden Reichstag“. Dieser wurde jedoch schon 1849 wieder aufgelöst. Der Reichstag als gesetzgebende Versammlung wurde erst mit dem sogenannten „Februarpatent“ 1861 wieder eingesetzt, war jedoch weiterhin vom souveränen Willen des Kaisers abhängig. Außerdem galt ein Zensuswahlrecht, das vor allem Adel, Klerus und GroßgrundbesitzerInnen die Dominanz im Parlament versicherte, da es eine direkte Steuerleistung von mindestens zehn Gulden notwendig machte, um an Wahlen teilnehmen zu können. Zusätzlich wurden die Wahlberechtigten entsprechend ihrem Adels-, Vermögens- oder Berufsstand in Kurien eingeteilt und ihre Stimmen unterschiedlich gewichtet. So war nur ein kleiner Bruchteil der Gesamtbevölkerung zu Wahlen zugelassen, jedoch konnten zu dieser Zeit auch einige wenige Frauen wählen, die die notwendigen Auflagen erfüllten. Im Jahr 1882 wurde die erforderliche Steuerleistung auf fünf Gulden gesenkt.
1896 wurde, wie vom sozialdemokratischen Parteitag 1894 gefordert, eine „Fünfte Kurie“ geschaffen, der alle männlichen Bürger ab 24 Jahren angehörten. Jedoch durften Angehörige der anderen Kurien hier eine zweite Stimme abgeben. Nach Androhung eines Generalstreiks wurde 1907 das allgemeine Wahlrecht für Männer ab 24 Jahren geschaffen. Diejenigen Frauen, die bis dahin wählen konnten, waren ab diesem Zeitpunkt wieder ausgeschlossen.
Erst nach dem Ende der Monarchie konnten 1919 auf maßgebliche Initiative der Sozialdemokratie hin die ersten allgemeinen, freien, gleichen und unmittelbaren Wahlen nach dem Verhältniswahlrecht durchgeführt werden.