1955 – 1970: Vom Staatsvertrag zur 68er-Bewegung

Inhalt

Die Jahre nach dem Staatsvertrag waren von einem wirtschaftlichen Aufholprozess gekennzeichnet. Die Innenpolitik in diesen Jahren war – v.a. aus den Erfahrungen der Zwischenkriegszeit – davon geprägt, eine ausgewogene Machtverteilung zwischen den beiden Großparteien herzustellen. Außenpolitisch versuchte Österreich, seine Neutralität als Brücke zwischen den Blöcken des Kalten Krieges zu nutzen.

Die Innenpolitik Österreich war in den Jahren nach dem Staatsvertrag –den Erfahrungen der Zwischenkriegszeit entsprechend – davon geprägt, eine ausgewogene Machtverteilung zwischen den Großparteien herzustellen. Außenpolitisch versuchte Österreich, seine Neutralität als Brücke zwischen den Blöcken des Kalten Krieges zu nutzen.

Im Jahr 1953 gewann die SPÖ die Nationalratswahlen als stimmenstärkste Partei mit 42,1 Prozent der abgegebenen Stimmen, erhielt jedoch wegen der Wahlarithmetik ein Mandat weniger als die ÖVP (41,3 Prozent). Diese konnte daher weiterhin – diesmal mit Julius Raab – den Bundeskanzler stellen.

Nach dem Tod Theodor Körners kandidierte Adolf Schärf 1957 erfolgreich für die Bundespräsidentschaft und legte seinen Parteivorsitz zurück. Zu seinem Nachfolger als SPÖ-Vorsitzender wurde Bruno Pittermann bestimmt, der bis 1966 auch das Amt des Vizekanzlers innehatte.

Neues Parteiprogramm

Parteiprogramm 1958
Parteiprogramm 1958

Im Jahr 1958 beschloss die SPÖ ein neues Grundsatzprogramm, das nach dem Aktionsprogramm von 1947 das Linzer Programm (1926) endgültig ablöste. Unter der Federführung von Benedikt Kautsky gab sich die SPÖ ein reformistisches, antikommunistisches Profil, das aber gleichzeitig auch an die sozialistische programmatische Tradition der Partei anschließen wollte.

Bei den Nationalratswahlen 1956 und 1962 blieb die SPÖ mit 43 bzw. mit 44 Prozent der Stimmen hinter der ÖVP. 1959 erzielte die SPÖ mit 44,8 Prozent zwar die Stimmenmehrheit, wurde aber erneut ein Opfer des Wahlsystems und erhielt ein Mandat weniger als die ÖVP. Somit konnte Julius Raab Bundeskanzler bleiben. 1961 wurde er in dieser Funktion von seinem Parteikollegen Alfons Gorbach abgelöst.

Die Borodajkewycz-Affäre

BorodajkewyczIm Jahr 1965 zeigte die Borodajkewycz-Affäre deutlich, dass die Schatten der NS-Vergangenheit noch schwer auf Österreich lasteten. Gegen den Professor an der Universität für Welthandel, der in seinen Vorlesungen immer wieder antisemitische „Witze“ und Schmähungen verbreitete, protestierten tausende Menschen. Zuvor hatten sozialistische Studenten (unter ihnen Ferdinand Lacina und Heinz Fischer) Artikel gegen den Antisemiten und Mitschriften von seinen Vorlesungen verfasst und damit den Skandal öffentlich gemacht. Bei den Protesten kam es zu Auseinandersetzungen zwischen antifaschistischen und rechtsextremen Demonstranten, bei denen der Kommunist und Widerstandskämpfer Ernst Kirchweger niedergeschlagen wurde, zu Boden fiel und so schwer verletzt wurde, dass er wenige Tage später an den Folgen starb. Es war dies das erste politische Todesopfer der Zweiten Republik. 1966 wurde Taras Borodajkewycz schließlich zwangspensioniert.

Nach dem Tod Adolf Schärfs gelang es der SPÖ 1965 erneut, ihren Kandidaten erfolgreich ins Rennen um die Bundespräsidentschaft zu schicken. Es war dies der ehemalige Wiener Bürgermeister Franz Jonas, der 1971 wiedergewählt und bis zu seinem Tod 1974 österreichischer Bundespräsident blieb.

Die 68er Bewegung

68er-Bewegung in Österreich (Foto: www.picturedesk.com)
68er-Bewegung in Österreich (Foto: www.picturedesk.com)

In den 1960er Jahren kam es zu einem deutlichen Wandel des politischen Stils und der Formen der politischen Auseinandersetzung. Dazu zählte vor allem auch eine Modernisierung der Wahlkämpfe, die durch die intensive Einbeziehung professioneller Meinungsforschung unterstützt wurden. Immer wichtiger wurde auch das Fernsehen, was sich insbesondere in der Ära des Parteivorsitzes von Bruno Kreisky zeigte. Die wachsende politische Bedeutung des Fernsehens wurde durch die breite Unterstützung des Rundfunkvolksbegehrens im Jahr 1964 deutlich, das von mehr als 832.000 Menschen unterschrieben wurde und sich für eine Zurückdrängung des Parteieneinflusses auf den ORF einsetzte.

Kreisky wird SPÖ-Vorsitzender

Kreisky und Pittermann
Kreisky und Pittermann

Ein Führungswechsel zeichnete sich 1967 in der SPÖ ab. Nach einer parteiinternen Diskussion über geeignete Nachfolgekandidaten für Bruno Pittermann wurde Bruno Kreisky schließlich vom Parteivorstand und vom Parteitag zum Nachfolger gewählt.

Mit der antikommunistisch ausgerichteten Eisenstädter Erklärung von 1969 betonte die SPÖ – noch im Lichte der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 – erneut ihre Distanz zur allerdings bedeutungslos gewordenen KPÖ. „Nicht nur ich, sondern viele mit mir waren der Auffassung, dass die Eisenstädter Erklärung mit ihrer eindeutigen Absage an den sogenannten real existierenden Sozialismus mit dazu beigetragen hat, Klarheit zu schaffen bei vielen Wählern, die dieser Klarheit bedurften“, schrieb Bruno Kreisky später in seinen Memoiren.

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