Victor Adler gilt als der „Gründungsvater“ der österreichischen Sozialdemokratie. Am Hainfelder Parteitag schafft er es die verschiedenen Flügel der ArbeiterInnenbewegung zu einer schlagkräftigen Organisation zu einen.
Am 24. Juni 1852 wurde Victor Adler als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Prag geboren. 1855 zog die Familie nach Wien, wo Adler das Schottengymnasium besuchte. An der Universität Wien studierte er zuerst Chemie und absolvierte anschließend ein Studium der Medizin. Er praktizierte erst an der psychiatrischen Klinik des Allgemeinen Krankenhauses, später als Armenarzt und ab 1883 schließlich als Nervenarzt.
Politisch schloss er sich zunächst der deutschnationalen Bewegung um Georg von Schönerer an und arbeitete auch an deren Programm mit, kehrte ihr jedoch unter anderem wegen ihres Antisemitismus und weil sie den sozialen Fragen kaum Beachtung schenkte, den Rücken zu. Adler gründete 1886 mit dem Erbe seines Vaters die Zeitschrift „Gleichheit“. Darin erschienen auch seine Aufsehen erregenden Artikel über die Ziegelarbeiter am Wienerberg. Seine Kampagne brachte den Ziegelarbeitern nach eine Abschaffung des Trucksystems und nach einem Streik 1895 mehrere weitere soziale Reformen.
In dieser Zeit schloss er sich auch dem sozialdemokratisch geprägten Arbeiterbildungsverein an. Nach dem Verbot der „Gleichheit“ rief er 1889 die „Arbeiter-Zeitung“ ins Leben, die zuerst wöchentlich, ab Oktober 1889 dann als Tageszeitung erschien. Die Chefredaktion der Zeitung übergab er später an Friedrich Austerlitz. Wegen seinem politischen Engagement wurde Adler mehrmals verhaftet und angeklagt, etwa neun Monate verbrachte er im Arrest.
1885 war es sein Verdienst, dass die „Radikalen“ und die „Gemäßigten“, die anlässlich der von Minister Taafe geplanten „Sozialistengesetze“ zum ersten Mal seit längeren wieder an einem Tisch saßen, sich auf ein gemeinsames Papier einigen konnten. Er hatte auch entscheidenden Anteil an der Überwindung der Spaltung der Arbeiterbewegung beim Parteitag 1888/89 in Hainfeld, der als Gründungsdatum der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei gilt. Ein besonderes Anliegen war ihm die Zusammenarbeit mit der ungarischen und slawischen Arbeiterbewegung sowie die Überwindung des Nationalitätenproblems der Monarchie. Methodisch setzte er auf Verhandlungen und Arrangements mit den Machthabenden statt revolutionärer Gewalt. Adler gehörte als Abgeordneter zunächst dem niederösterreichischen Landtag und in weiterer Folge dann dem Reichsrat an.
Adler kämpfte massiv für die Erreichung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts. Seine die „Burgfriedenspolitik“ unterstützende Haltung zu Beginn des Ersten Weltkriegs, in der innenpolitische Konflikte bewusst zurückgestellt wurden, führte innerhalb der Partei zu teils massiver Kritik an ihm. Während des Krieges vertrat er eine Friedenspolitik, die Sozialdemokratie hielt in Verlauf des Krieges etwa Friedensversammlungen ab, die Verlautbarung der Forderung nach einem annexionslosen Frieden ohne Entschädigungsleistungen wurden von der Zensur oftmals zurückgehalten. Adler war der Überzeugung, dass der Niedergang der Habsburgermonarchie als Sieg der Demokratie die Vorbedingungen für den Sozialismus ist. Bis zu seinem Tod war Adler Staatssekretär des Äußeren. Einen Tag vor der Proklamation der demokratischen Republik Deutsch-Österreich starb Victor Adler am 11. November 1918 in Wien.