Johanna Dohnal

SPÖ-Frauenvorsitzende 1987 bis 1995 und Frauenministerin von 1990 bis 1995

Johanna Dohnal hat Österreich in mehr als fünf Jahrzehnten des frauenpolitischen Kampfes historisch nachhaltig zum Positiven verändert. Die Feministin war Österreichs erste Frauenministerin und hat die männlich dominierten Gesellschaftsstrukturen in Österreich aufgewirbelt, viel für die Frauen und das gleichberechtigte Miteinander in unserem Land durchgesetzt.

Johanna Dohnal 1939 (www.johanna-dohnal.at)

Die spätere Frauenministerin wurde am 14. Februar 1939 in Wien als uneheliche Tochter einer Arbeiterin geboren und von ihrer Großmutter aufgezogen. Sie besuchte die Volks- und Hauptschule in Penzing, erlernte den Beruf „Industriekaufmann“ und heiratete mit 18 Jahren Franz Dohnal. Sohn Robert kam 1959 zur Welt, Tochter Ingrid 1961.

Beginn der politischen Karriere in Wien

Ihre politische Karriere begann Dohnal 1969 als Bezirksrätin in Penzing. Schon vorher hatte sie, nachdem sie mit 16 Jahren der SPÖ beigetreten war, bei den Kinderfreunden in Penzing mitgearbeitet.

Im Oktober 1972 wurde sie Wiener Frauensekretärin der SPÖ, 1973 Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin in Wien, was sie bis zu ihrem Eintritt in die Bundesregierung 1979 blieb. Ihre Arbeitsschwerpunkte waren Soziales, Konsumentenschutz, Kultur und Schule.

Die junge Sozialdemokratin war auch Vorsitzende des Vereins „Die Frau und ihre Wohnung“, ein Verein, der sich zunächst mit der Gestaltung von Wohnungen und Haushaltsgeräten in der Nachkriegszeit beschäftigte, aber unter ihrer Anleitung Sozialdienste wie Heimhilfe oder Besuchdienst ausbaute. Im November 1974 gründeten die Wiener Sozialistinnen das Komitee „Helfen statt strafen“, das sich für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, aber auch für Aufklärung und Empfängnisverhütung einsetzte.

Johanna Dohnal 1972 (www.johanna-dohnal.at)

Das neue Selbsbewusstsein der Frauen

1977 initiierte Johanna Dohnal die ersten Selbstbewusstseinsseminare für Frauen. Diese Seminare kamen bei den Frauen so gut an, dass sie bald auch in anderen Bundesländern abgehalten werden und Vorbild für ähnliche Aktivitäten innerhalb der Katholischen Frauenbewegung und des ÖGB waren. Die Wiener Sozialistinnen forderten auf Drängen von Johanna Dohnal die zwischen Müttern und Vätern teilbare Elternkarenz. Diese wird erst 1990 durchgesetzt.

Am 1. November 1978 eröffnete das von Johanna Dohnal durchgesetzte erste Frauenhaus in Wien.

1978: Johanna Dohnal bzw. die Wiener Sozialistinnen starteten die ersten Vorbereitungskurse für Mädchen, die einen technischen Beruf ergreifen wollen. Begleitet wurden diese Kurse durch die Aktion „Werkelfrau und Schlossermädchen“.

Johanna Dohnal 1979 (www.johanna-dohnal.at)

1979: Staatssekretärin für Frauenangelegenheiten

Am 5. November 1979 wurde Johanna Dohnal als Staatssekretärin im Bundeskanzleramt angelobt. Zusammen mit den weiblichen Bediensteten wird ein Förderungsprogramm für Frauen im Bundesdienst ausgearbeitet. Ziel ist die aktive Förderung der Chancengleichheit von Frauen im öffentlichen Dienst, beginnend von der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung über Maßnahmen der Weiterbildung, vor allem auch für Frauen in den niedrigsten Dienstklassen, bis hin zu Beförderungen. Aufbauend auf den Erfahrungen mit dem Förderungsprogramm für Frauen im Bundesdienst setzte Johanna Dohnal 1993 das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz durch.

Johanna Dohnal 1983 (www.johanna-dohnal.at)

Durch eine Änderung des Bundesverfassungs- und des Beamtendienstrechtsgesetzes im Jahr 1988 sind Amtsbezeichnungen und Titel nun in jener Form zu verwenden, die das Geschlecht der Person zum Ausdruck bringen. Erst ab diesem Zeitpunkt konnte sich Johanna Dohnal offiziell Staatssekretärin nennen.

Internationales Engagement für Frieden und Solidarität

Sowohl bei der 2. Weltfrauenkonferenz 1980 in Kopenhagen als auch bei der Weltfrauenkonferenz 1985 in Nairobi ist Johanna Dohnal Leiterin der österreichischen Delegation und Vizepräsidentin der Konferenz. Zur Vorbereitung dieser UN-Weltfrauenkonferenzen ließ Johanna Dohnal umfangreiche wissenschaftliche Berichte zur Situation der Frauen in Österreich erstellen.

Johanna Dohnal, frühe 90er Jahre (www.johanna-dohnal.at)

1980 wird Dohnal von Bundeskanzler Bruno Kreisky mit der Abwicklung des Nationalfonds „Hilfe für Kinder der Dritten Welt“ betraut. Damit beginnt ihr Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit. 1983 bis 1991 übernimmt Johanna Dohnal den Vorsitz im überparteilichen Hilfskomitee für Nicaragua. Als neue SPÖ Frauenvorsitzende startet sie 1988 zusammen mit Edith Dobesberger die Aktion „Friedensteppich“.

Johanna Dohnal gründete 1981 als sozialistische Funktionärin sowohl auf Bundes- als auch auf Wiener Ebene den Arbeitskreis „Frieden – Abrüstung – Dritte Welt“. Neben der Ausarbeitung von Konzepten organisierte der Arbeitskreis Ausstellungen, die Teilnahme an Friedensmärschen, Protestmärschen gegen den Irakkrieg und gegen die französischen Atomtests in der Südsee.

Zwei wichtige Schwerpunkte waren auch die Umstellung der Rüstungsproduktion und die Aktivitäten mit den Betriebsrätinnen und Betriebsräten in Steyr und in der VOEST sowie die Aktionen, die sich gegen die Verharmlosung von Kriegsgerät richteten, zum Beispiel Kinder, die am 26. Oktober auf Panzern „spielen“ konnten.

Frauenrechte, Mutterschutz, Kinderrechte

Ab 1982 setzte Johanna Dohnal umfangreiche Maßnahmen durch, welche die Lebenssituation der Frauen erleichtern. So etwa die Ausdehnung des Mutterschutzes auf Bäuerinnen und gewerblich selbständig tätige Frauen, die Novellierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes oder die Beseitigung der Schenkungssteuerpflicht für nicht erwerbstätige Ehefrauen. Diese mussten bis dahin für ihren Anteil am Wohnungseigentum Schenkungssteuer zahlen.

1989 folgt die endgültige Beseitigung der automatischen Amtsvormundschaft für uneheliche Kinder, die Ermöglichung von Teilzeitarbeit für Eltern von Kleinkindern im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber sowie die erbrechtliche Gleichstellung unehelicher Kinder mit ehelichen. Durch die Pensionsreform 1991 kommt es zur Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung im Ausmaß von maximal vier Jahren pro Kind.

1987: Bundesvorsitzende der SPÖ Frauen

Am 11. Oktober 1987 wurde Johanna Dohnal Bundesvorsitzende der SPÖ Frauen. Am Parteitag desselben Jahres wurde sie stellvertretende Parteivorsitzende der SPÖ. Mitte der achtziger Jahre begann Johanna Dohnal, sich mit der Zukunft der Alterssicherung zu beschäftigen. Sie setzte eine Arbeitsgruppe ein, die ein Modell der Altersicherung entwickelte, in das alle Frauen einbezogen wurden.

Johanna Dohnal 1983 (www.johanna-dohnal.at)

Seit dem Kampf für das Wiener Frauenhaus beschäftigte sich Johanna Dohnal mit dem Thema Gewalt gegen Frauen und Opferschutz bei Sexualdelikten. Zunächst setzte sie einen Erlass des Innenministers durch, dass Frauen, die Opfer eines Sexualdeliktes wurden, nach Möglichkeit von weiblichen Kriminalbeamten einvernommen werden sollten.

Im Strafrechtsänderungsgesetz 1987 kam es zu einer Verbesserung der Situation des Opfers in einem Strafverfahren gegen einen Sexualstraftäter. Ergänzt wurde das Gesetz 1994 durch die Einführung der „schonenden Vernehmung“ von Frauen und Kindern, die Opfer von Gewalt wurden. Diese brauchten nicht länger in Gegenwart des Misshandlers auszusagen. Aufgrund einer Novellierung erfasste das Gleichbehandlungsgesetz für die Privatwirtschaft auch sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Der Tatbestand und das Strafausmaß bei Vergewaltigung wurden nicht länger vom Verhalten des Opfers abhängig gemacht.

1990: Bundesministerin für Frauenangelegenheiten

Im Dezember 1990 wurde Johanna Dohnal als Bundesministerin für Frauenangelegenheiten im Bundeskanzleramt angelobt. Sie schafft die Möglichkeit, auch in aufrechter Ehe einem gewalttätigen Ehepartner den Zutritt zur Wohnung mittels einstweiliger Verfügung gerichtlich zu untersagen.
Von 1992 bis 1993 läuft die Kampagne „Gewalt gegen Frauen – Frauen gegen Gewalt“ als Startschuss für die Entwicklung des Gewaltschutzgesetzes. Das österreichische Gewaltschutzgesetz war und ist Vorbild für ähnliche Regelungen im Ausland.

Johanna Dohnal kümmerte sich in Folge auch um die Angleichung der Bildungswege von Buben und Mädchen. Der Unterricht in Hauswirtschaft wurde in den Hauptschulen auch für Buben verbindlich, Geometrisches Zeichnen auch für Mädchen.

In der SPÖ nahm Johanna Dohnal, nach der Durchsetzung der 25 Prozent Quote auf Bundesebene, im Juni 1991 energisch den Kampf nach Erweiterung der Quote auf allen Kandidatenlisten, 40 Prozent Mindestquote für jedes Geschlecht, auf.

Kampf mit der ÖVP um die Selbständigkeit der Frauen

Zwischen 1991 und 1995 startete Johanna Dohnal eine Kindergartenkampagne, um auch für Frauen mit Kindern die Voraussetzung zu schaffen, erwerbstätig zu sein. Die Landeshauptleute waren jedoch nicht bereit, entsprechende Zusagen zu machen. Zwölf Mal hatte sie im Ministerrat einen Gesetzesvorschlag – sogenannte 15a-Verträge – eingebracht, um die Kompetenzen auf Bundesebene zu bündeln – dies wurde jedes Mal von der ÖVP abgelehnt.

Sowohl als Regierungsmitglied als auch als Vorsitzende der SPÖ Frauen engagierte sich Johanna Dohnal in Zusammenarbeit mit NGOs ab den achtziger Jahren vehement dafür, die Bereiche Fortpflanzungsmedizin und Gentechnik gesetzlich zu regeln, um dem Machbarkeitswahn von Wissenschaftler ebenso wie dem Profitstreben von Geschäftemachern Grenzen zu setzen. Seit Juni 1992 ist in Österreich der Bereich Fortpflanzungsmedizin gesetzlich geregelt.

Frau des Jahres 1992

1992 wurde Johanna Dohnal zur „Frau des Jahres“ gewählt. An der Wahl beteiligten sich auf Einladung der ORF-Redaktion „WIR Frauen“ 500 Journalistinnen von Print-Medien.

Auf Initiative der Frauenministerin startete im Jänner 1993 die Aktion „Kriegsopfer: Vergewaltigte Frauen“. Die Aktion dient der medizinischen und psychologischen Unterstützung vergewaltigter Frauen und Kinder im ehemaligen Jugoslawien sowie der Errichtung von Beratungsstellen und Frauenhäusern. Johanna Dohnal forderte, Vergewaltigung als Menschenrechtsverletzung und als Asylgrund anzuerkennen. Diese Forderung stellte Johanna Dohnal auch, als sie Vorsitzende des Frauenrechtskomitees der UN-Menschenrechtskonferenz im Juni 1993 in Wien wurde.

Im April 1995 trat Johanna Dohnal als Frauenministerin zurück, im September 1995 als Bundesfrauenvorsitzende und am Parteitag danach auch als stellvertretende Vorsitzende der SPÖ.

1996 und 1997 hielt Dohnal an der Universität Wien eine Veranstaltungsreihe zum Thema „Politik im Spannungsfeld der Geschlechterverhältnisse“ ab.
Von 1996 bis 1998 war sie Vorsitzende des Nord-Süd Institutes für Entwicklungszusammenarbeit.

1997 unterstützte sie aktiv das österreichische Frauenvolksbegehren. Dieses wurde von 644.000 Personen unterzeichnet.

Im Februar 2000 ist Dohnal anlässlich des Antritts der schwarz-blauen Regierung Rednerin bei der Protestkundgebung am Ballhausplatz.

Im Wintersemester 2007/2008 lehrte Johanna Dohnal als Gastprofessorin an der Universität Innsbruck in der Fakultätsreihe „PolitikerInnen in Residence“ über „Innenansichten österreichischer Frauenpolitiken“, im Juli 2009 wurde ihr der Berufstitel Professorin verliehen.

Verpartnerung mit Annemarie Aufreiter

Am 22. Jänner 2010 verpartnerte sich Johanna Dohnal mit ihrer langjährigen Lebensgefährtin Annemarie Aufreiter am Standesamt Wien-Margareten. Ihr letztes öffentliches Auftreten anlässlich 30 Jahre Fristenregelung im Jänner 2010 führte Johanna Dohnal zum Anfang ihrer politischen Tätigkeit zurück.

Am 20. Februar 2010 verstarb Johanna Dohnal in ihrem Haus im Weinviertel.

Webseite des Johanna Dohnal Archivs

Johanna Dohnal, Festmatinee zum 70. Geburtstag (www.johanna-dohnal.at)
Johanna Dohnal Portrait
Johanna Dohnal Portrait